„Stille Pandemie“: Ungleichheit und Geschlechtspezifika


Autor*in: Universität Bielefeld

Krankheitserreger wie Bakterien und Viren sind zunehmend resistent gegen die Medikamente, einschließlich Antibiotika, die zur Behandlung von Infektionen eingesetzt werden. Die sogenannte „antimikrobielle Resistenz“(AMR) ist daher auch als die stille Pandemie bekannt. Sie ist eine der größten aktuellen Bedrohungen für die Gesundheit von Mensch und Tier, die Lebensmittelsicherheit und die nachhaltige Entwicklung auf der ganzen Welt. Ein internationales Forschungsteam der Universität Bielefeld und der Torrens University Australia in Adelaide untersucht in einer bilateralen Kooperation, inwiefern bei den Maßnahmen zur Bekämpfung von AMR in Deutschland und Australien soziale Ungleichheit und geschlechtsspezifische Aspekte berücksichtigt werden.

Associate Professor Clare Littleton, stellvertretende Direktorin des Centre for Healthy Sustainable Development (CHSD) an der Torrens University Australia, ist von März bis Mai 2023 an der Universität Bielefeld zu Gast.

Prof. Dr. med. Kayvan Bozorgmehr, Leiter der Bielefelder Arbeitsgruppe Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung, Associate Professor Clare Littleton (Torrens University Australia) und Victoria Saints, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bielefelder Arbeitsgruppe.
Prof. Dr. med. Kayvan Bozorgmehr, Leiter der Bielefelder Arbeitsgruppe Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung, Associate Professor Clare Littleton (Torrens University Australia) und Victoria Saints, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bielefelder Arbeitsgruppe (v.l.).

In ihrer Public Health Forschung setzt Clare Littleton den Schwerpunkt auf Kinder, die sozialen und politischen Determinanten von Gesundheit, gesundheitliche Gerechtigkeit, Bildung und Sozialpolitik. Ihre Forschung konzentriert sich auf die Behandlung komplexer politischer Fragen durch interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere von Gesundheits- und Politikwissenschaft. Ziel ihrer Forschung ist es, einen Beitrag zur Erreichung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu leisten.

Während ihres Aufenthalts an der Universität Bielefeld arbeitet Clare Littleton eng mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Victoria Saint und Professor Dr. med. Kayvan Bozorgmehr von der Arbeitsgruppe Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung (AG 2) der Fakultät für Gesundheitswissenschaften in Bielefeld an einer Reihe von Forschungs-, Lehr- und anderen strategischen Initiativen.

Ihr Forschungsprojekt untersucht, inwieweit die nationalen Strategien zur Bekämpfung der antimikrobiellen Resistenz (AMR) in Deutschland und Australien einen Fokus auf gesundheitliche Chancengleichheit, die sozialen Determinanten der Gesundheit und das Geschlecht beinhaltet.

Was ist antimikrobielle Resistenz?

AMR entsteht, wenn Bakterien, Viren und andere Keime gegen Medikamente (einschließlich Antibiotika), die zur Behandlung von Infektionen eingesetzt werden, resistent werden. AMR wird oft als „stille Pandemie“ bezeichnet und ist eine der größten aktuellen Bedrohungen für die Gesundheit von Mensch und Tier, die Lebensmittelsicherheit und die nachhaltige Entwicklung weltweit.

Diese länderübergreifende Studie umfasst einen Vergleich der politischen Strategien und der Einschätzung von der verschiedenen Interessensgruppen. Sie bietet einen realen Einblick in das politische Umfeld des Themas AMR und in die Perspektiven politischer Entscheidungsträger und anderer Akteure bei der Formulierung einer zukünftigen AMR-Strategie, inkl. der Frage bzgl. deren Ausrichtung auf gesundheitliche Chancengleichheit.

Victoria Saint und Clare Littleton werden die vorläufigen Ergebnisse der Studie auf dem 17. Weltkongress für Public Health in Rom vom 2. bis 6. Mai 2023 vorstellen. Der alle zwei bis drei Jahre stattfindende Weltkongress ist ein wichtiges internationales Forum zu Fragen der öffentlichen Gesundheit auf nationaler und globaler Ebene, zu dem mehr als 3000 Delegierte erwartet werden.

Associacte Professor Clare Littleton sagt: Unsere Studie ist wichtig, weil wir die antimikrobielle Resistenz aus einer sozialen und nicht aus einer „Bugs and Drugs“-Perspektive betrachten. Wir wollen wissen, wie die deutsche und die australische Regierung gegen antimikrobielle Resistenzen vorgeht und dabei berücksichtigt, wie Bevölkerungsgruppen in vulnerablen Situationen stärker oder anders betroffen sein können. Frauen und Kinder, Migranten und Flüchtlinge oder Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen können besonderen Risiken und Herausforderungen ausgesetzt sein. Daher müssen staatliche Strategien auch soziale Faktoren wie den sozioökonomischen Status, das Geschlecht und den Zugang zur Gesundheitsversorgung berücksichtigen, die bekanntermaßen gesundheitliche Ungleichheiten verringern und Leben retten können.“ Während ihrer Zeit an der Universität Bielefeld organisieren Clare Littleton und Victoria Saint auch eine Reihe weiterer Aktivitäten. Zum Beispiel leiteten sie im März die Abschlussveranstaltung des internationalen Workshop Evidence-based benevolence? The role of philanthropic organizations in global public policies“ (Die Rolle philanthropischer Organisationen in der globalen öffentlichen Politik), der im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) stattfand. Zudem organisierten sie die Teilnahme einer Gruppe von Bielefelder Studierenden des Master of Public Health an einer gemeinsam mit der BUKO Pharma-Kampagne und dem Welthaus Bielefeld organisierten Veranstaltung zum Thema „Universal Health Coverage and the Role of Civil Society“ mit internationalen Referent*innen aus Ghana und Peru.

Stärkung länder- und institutionenübergreifender Partnerschaften

Dies ist der zweite Besuch von Clare Littleton an der Universität Bielefeld, unterstützt durch das International Guest Lectureship (IGL) Programm und kofinanziert von der AG 2 der Fakultät für Gesundheitswissenschaften. Victoria Saint war ihrerseits von August bis September 2022 an der Torrens University Australia zu Gast.

Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Forschungsteams besteht seit 2019 und wurde im August 2022 mit der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrags zwischen der Universität Bielefeld und der Torrens University Australia formalisiert. Die Partnerschaft wird im Einklang mit den Internationalisierungsstrategien der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld und der Torrens University Australia fortgesetzt. Das Rektorat der Universität Bielefeld hat mit der Ernennung von Professor Bozorgmehr zum Leiter der Arbeitsgruppe für Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung im Jahr 2019 eine Anschubfinanzierung zur Förderung der Zusammenarbeit zu Themen der globalen Gesundheit bereitgestellt.

Die Formalisierung dieser Partnerschaft wird die weitere Zusammenarbeit erleichtern, unter anderem durch Forschung, Lehre und den Austausch von Wissenschaftler*innen und Studierenden. Professor Dr. Bozorgmehr sagt: „Ziel unserer Zusammenarbeit ist es, internationale Partnerschaften und Kooperationen über Disziplinen und Länder hinweg zu stärken, um relevante Herausforderungen für die globale öffentliche Gesundheit und Gesundheitssysteme anzugehen. Ein zentraler Schwerpunkt unserer künftigen Arbeit ist das Verständnis dafür, wie sich verschiedene soziale, wirtschaftliche und ökologische Krisen gegenseitig verstärken und wie Gesundheitspolitik, -systeme und -gesellschaften mit den damit verbundenen Unsicherheiten umgehen können.“